Medien und Medizin – diese Verbindung wird in der gegenwärtigen Informationsgesellschaft durchaus kontrovers debattiert. Die bis vor wenigen Jahrzehnten unangefochtene Autorität des medizinischen Personals als Informationslieferanten zu gesundheitlichen Fragen erodiert unter dem Druck des Medienwandels in dramatischem Tempo. Dem komplexen Dreiecksverhältnis von Arzt, Patient und Öffentlichkeit mit den vielfältigen Interaktionen und Abhängigkeiten widmet sich der Band.
In der Schweiz geben nur noch knapp die Hälfte der befragten Personen an, ihre Informationen zu medizinischen Fragen zur Hauptsache von Ärztinnen und Ärzten zu beziehen – zu 60 Prozent dienen Fernsehen, Zeitschriften und Zeitungen als Informationsquellen. Das Internet wird in wachsendem Masse als Berater konsultiert.
Die Leistungs- und Konsumentenrollen werden medial umgebaut. Der Patient definiert sich neu genauso sehr als Konsument ärztlicher Leistungen und Informationen wie auch als Konsument journalistisch aufbereiteter Gesundheitsinformation.
Aus der Sicht der Experten bleibt die Beurteilung dieses Umbaus ambivalent: Politisch korrekt wird den Massenmedien als Verdienst angerechnet, über Krankheit und Gesundheitsstörung sachgerecht zu informieren. Das «Fachwissen» des Patienten steigt, er wird informationstechnisch anspruchsvoll, seine Isolation in der unmittelbaren Interaktion zwischen Arzt und Patient wird aufgebrochen, Krankheiten werden enttabuisiert – dies aber vorwiegend in der Form der öffentlichen Sensation. Hier setzen denn auch die kritischen Voten ein: vom Einwand der Vermittlung eines zweifelhaften, sensationsorientierten Bildes von Gesundheit über den Anwurf der überrissenen Medikalisierung vieler Probleme zukünftiger Konsumenten einer zunehmend kostenintensiven Medizin bis hin zum gravierenden Vorwurf undurchsichtiger Finanzierung der Medien durch die Medizinalindustrie.