Talât Pascha (1874–1921) stand in Istanbul einem aus Krisen hervorgegangenen, neuartigen jungtürkischen Einparteiregime vor, dessen radikale Politik das Zeitalter der Extreme, das Europa der Diktaturen, Weltkriege und Genozide, eröffnete. Es nahm 1913–1918 unter dem Einfluss des Ideologen Ziya Gökalp ein faschistisches Staats-, Gesellschafts- und Geschichtsverständnis vorweg und schuf einen zentralistischen Einparteistaat, der Minderheiten beseitigte und sich alles, auch die Religionen, autoritär unterzuordnen trachtete. Seiner gewaltsamen Bevölkerungspolitik fielen die osmanischen Christen, allen voran die Armenier, zum Opfer.
Trotz der Weltkriegsniederlage bereitete Talât den Boden für die Kemalisten nach ihm, die fast alle seiner Partei angehört hatten. Dank deutscher Behörden fand er 1918 Zuflucht in Berlin, von wo er in Absprache mit Kemal Atatürk und den Bolschewiki für den fortgesetzten Krieg in Kleinasien agitierte, bevor er 1921 ermordet wurde. Nach ihrem Sieg und dem Vertrag von Lausanne (1923) leiteten Talâts Nachfolger eine ultranationalistische Modernisierung ein, mit der sie bei vielen Applaus ernteten – auch beim vormaligen deutschen Bündnispartner, dessen Diplomatie noch bis ins frühe 21. Jahrhundert den Völkermord an den Armeniern leugnete.
«Hans-Lukas Kiesers kluge, sprachlich feine und nachdenkliche Biographie von Talât Pascha, dem Organisator des Genozids, verleiht der Ermordung von rund eineinhalb Millionen christlicher Armenier erstmals ein Gesicht.»
«Kieser zeichnet ein fesselndes Porträt des gerissenen und gnadenlosen Politikers, der seine Macht durch eine starke Mischung aus islamisch-türkischem Nationalismus und der Bereitschaft zu gewaltsamen ‹Lösungen› steigerte. Diese Biographie ist ein unverzichtbares Werk, um das Umfeld zu verstehen, in dem ein völkermörderisches Programm von einer kleinen Gruppe radikalisierter Individuen erdacht und geplant wurde.»
«Der Schweizer Historiker Hans-Lukas Kieser, der an der Universität Zürich und im australischen Newcastle lehrt, hat nun als Erster eine wuchtige, grandiose, 440 Seiten dicke politische Biografie dieses Mannes vorgelegt. [...] Wer die Türkei von heute wirklich verstehen will, kommt um dieses Buch nicht herum.»
«Kieser ist mit dieser politischen Biografie [...] ein großer Wurf gelungen, ein Buch das – zumal in seiner türkischen Version – dazu anregen sollte, die nationalen Narrative kritisch zu hinterfragen und die Zentralität spätosmanischer politischer Praxis und vor allem des Genozids an den osmanischen Armeniern (und Assyrern) für die Gründung der modernen Türkei zu reflektieren.
Autoritäre, hierarchische und staatszentrierte Strukturen sind das toxische Erbe Talâts und – über alle politischen Lager hinweg – bis heute Teil der politischen Kultur der Türkei, einer Kultur, die, durch die nationalistischen (und zunehmend islamistischen) Haltungen bedingt, eine gewisse ‹Pluralitätsintoleranz› befördert und damit den Prozess der Annäherung des Landes an die eigene dunkle Vergangenheit und nicht zuletzt die Demokratie immer wieder behindert.»
«Talât Pascha (1874–1921) stand in Istanbul einem aus Krisen hervorgegangenen, neuartigen jungtürkischen Einparteienregime vor, dessen radikale Politik das Zeitalter der Extreme, das Europa der Diktaturen, Weltkriege und Genozide, eröffnete. [...] Seiner gewaltsamen Bevölkerungspolitik fielen die osmanischen ChristInnen,
allen voran die ArmenierInnen, zum Opfer.»
«Der Schweizer Historiker Hans-Lukas Kieser legt erstmals eine wissenschaftliche Biographie über den Gründer der modernen Türkei vor: Talât Pascha.»