Auf der Seeseite der Kunst

Werke aus der Psychiatrischen Klinik Münsterlingen, 1894–1960

Broschur
2015. 160 Seiten, 112 Abbildungen s/w.
ISBN 978-3-0340-1262-1
CHF 32.00 / EUR 29.00 
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Welche Bedeutung hatte das Kunstschaffen in der Klinik für Patientinnen und Patienten? In welcher Form haben sie sich künstlerisch geäussert? Und welche Bedeutung hatten die entstandenen Werke für die behandelnden Ärzte? In dieser Publikation werden unterschiedliche Denk- und Forschungsansätze – ­psychiatrische, medizin­historische, historische und kunstwissenschaftliche – zusammengebracht.

Die Psychiatrische Klinik Münsterlingen, gegründet 1840, ist eine der ältesten in der Schweiz. Sie feiert 2015 ihr 175-Jahr-Jubiläum. Im Thurgau bedeutete «von der Seeseite» die Herkunft von der unmittelbar am Seeufer gelegenen Heil- und Pflegeanstalt (während das Kantonsspital auf der Landseite der Bahnlinie liegt). In den Krankenakten der Klinik finden sich 249 Zeichnungen von Patientinnen und Patienten aus dem Zeitraum 1894–1960. Vor allem die Psychiater Hermann Rorschach, 1909–1913 Assistenzarzt, und Roland Kuhn, 1939–1980 Oberarzt und später Direktor in Münsterlingen, bewahrten die Zeichnungen auf. Für die Patientinnen und Patienten bedeutete zu zeichnen eine Form der Selbstgestaltung, des Pläneschmiedens und Nachdenkens, es bedeutete, sich Gesellschaft zu erfinden. Es stand für Bildung, Professionalität und Kunst und war Ausdruck des Wunsches nach Teilhabe am öffentlichen Leben. Nur vermeintlich im Abseits entstanden, zeichnet der Bestand aus Münsterlingen so ein scharfes Zeitbild der Schweiz. Die Werke, ebenso wie eine Auswahl von Werken aus dem Nachlass Hermann Rorschachs, werden hier erstmals vorgestellt.


Kunsthistorikerin. Forschungs­gebiet Kunst und Psychologie um 1900. SNF-Projekt «Bewahren besonderer Kulturgüter»: Inventar der Werke in psychiatrischen Kliniken der Schweiz 1850–1930. Kuratorin der Sammlung der ehemaligen Pflegeanstalt Rheinau.


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Monika Jagfeld ist Kunsthistorikerin. 1994–2007 Wissenschaftliche war sie als Mitarbeiterin der Sammlung Prinzhorn, Heidelberg, tätig. Seit 2008 leitet sie des Museums im Lagerhaus,St. Gallen.


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Artikel

Pressestimmen

«Die Kunsthistorikerin Katrin Luchsinger, die sich bereits seit vielen Jahren mit künstlerischen Werken und schriftstellerischen Erzeugnissen von Psychiatriepatienten befasst [...], hat dieses Jubiläumswerk angeregt. Den Ausgangspunkt bildete die Sichtung der erhaltenen 30'000 Krankenakten aus dem Zeitraum 1839–1960. Nur in 19 Krankenakten aus der Zeit ab 1894 befinden sich Bilder. Es handelt sich allerdings immerhin um 249 Werke, von denen die Leserinnen und Leser nun einige als sehr gute Reproduktionen in dem insgesamt schön gestalteten Band auch näher kennenlernen können.»

Historia Hospitalium – Jahrbuch der Deutschen Gesellschaft für Krankenhausgeschichte, Band 30, 2016/17, Christina Vanja, Kassel

«[I]n diesem [Buch] wird besonders deutlich, welch starken kommunikativen Aspekt die Werke auch damals […] für die Beziehung zwischen Patient*innen und Psychiater*innen haben konnten. […] Die ‹Seeseite der Kunst› ist und bleibt also ein attraktiver Ort für alle an Kunst und an Psychiatriegeschichte interessierten Leser*innen.»

Zeitschrift für Geschichte des Oberrheins, Band 167 (2019), Maike Rotzoll

«On se tromperait cependant si l’on considérait cet ouvrage simplement comme un catalogue rassemblant les produits de l’activité artistique des patients de l’asile. Les nombreuses images de dessins, peintures et objets reproduites dans ce volume font plutôt l’objet d’une problématisation historico-épistémologique de ce que signifie l’« activité » ou la « création artistique » à l’intérieur de l’hôpital psychiatrique. Il s’agit d’une question qui est adressée à tous les acteurs présents dans ce contexte. [...] Dans leur éditorial, Alexandra Bacopoulos-Viau et Aude Fauvel se demandent si, trente ans après l’exhortation de Porter à écrire une histoire de la psychiatrie à partir des patientes retentit toujours et si, en allant même plus loin que Porter, il serait possible d’écrire une histoire qui rende compte des expériences des malades dans l’asile non seulement en termes de « subculture », mais de « culture » au sens plein du terme (The patient’s turn : Roy Porter and psychiatry’s tales, thirty years on, Medical history, 60/1 (2016), 1-18). Nous pensons que la publication de cet ouvrage sur « l’art du côté du lac » est une excellente réponse à cette question historiographique.»

Revue d’histoire des sciences, Tome 70-2, juillet-décembre 2017, Elisabetta Basso

«Besondere Beachtung verdient aber der zweite Teil des Katalogs, in dem es ausführlich um die konkret in Münsterlingen überlieferten Arbeiten geht.  [...] In diesen Texten beweisen Monika Jagfeld, Kathrin Linder und Luchsinger ein gutes Auge für die jeweiligen ästhetischen Besonderheiten und ordnen sie sachkundig in die Geschichte der Patientenkunst ein. Dabei zeigt der Bestand eine erstaunliche ästhetische Vielfalt: Surrealistische Träumereien stehen neben christlich geprägter Ikonographie und gekonnten Menschenstudien, utopische Maschinen und Anlagen neben ornamentalen Mustern und visionären Architekturen. Es ist also mehr als verdienstvoll, dass diese Sammlung den Weg an die Öffentlichkeit gefunden hat.»

Berichte zur Wissenschaftsgeschichte, Dezember 2017, Band 4, Sabine Fastert