Altgläubige zwischen Aufbruch und Apokalypse
Religion, Verwaltung und Wirtschaft in einem ostsibirischen Dorf (1900–1930er Jahre)
Broschur
2011. 304 Seiten, 44 Abbildungen s/w.
ISBN 978-3-0340-1049-8
CHF 48.00 / EUR 35.50 
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Das vorliegende Buch erzählt die Geschichte eines ganz besonderen Dorfes. Bol’šoj Kunalej liegt im südöstlichen Sibirien, unweit der mongolischen Grenze. Gegründet von Altgläubigen, einer russisch-orthodoxen Glaubensgemeinschaft ausserhalb der Staatskirche, wuchs es rasch und zählte um 1900 bereits 5000 Einwohner, mehr als eine russische Kleinstadt. Die Religion bestimmte das Leben und führte zur Abgrenzung gegenüber der Aussenwelt. Dennoch wurde auch es vom Strudel der Ereignisse erfasst, die das Russische Reich nach 1914 auf den Kopf stellten. Der Erste Weltkrieg, Februar- und Oktoberrevolution 1917, die Besetzung durch den Kosakenatamanen Semjonov und schliesslich die Machtübernahme der Bolschewiki schufen grundsätzlich neue Bedingungen. Wie wirkten sich diese auf die Verwaltung, Wirtschaftsweise und religiöse Praxis der Bewohner aus?
Die Autorin beantwortet diese Frage mit einer Fülle noch kaum bekannter Archivmaterialien und Tonbandinterviews. Es entsteht das Bild einer Dorfgesellschaft in einer Zeit des Umbruchs, aus altgläubiger Sicht einer Zeit der «Apokalypse».

Eva Maeder, 1969 geboren, hat an den Universitäten Zürich und Berlin Geschichte und Russistik studiert. Seit 1997 Lehrbeauftragte für Geschichte und Russisch an der Neuen Kantonsschule Aarau und Mitarbeiterin an einem Nationalfondsprojekt zur Erforschung der politischen Sprache der Sowjetunion. Ihre Forschungen konzentrieren sich auf die ländliche Gesellschaft Russlands unter besonderer Berücksichtigung der mündlichen Überlieferung.


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Inhalt
1. Einleitung
1.1. Fragestellung und Methode
1.2. Quellen
1.3. Forschungslage
1.4. Gliederung
1.5. Wiedergabe kyrillischer Buchstaben
1.6. Dank

2. Wurzeln altgläubiger Identität
2.1. Glaubensspaltung
2.2. Dorfgründung
2.3. Fleiss und Anpassungsfähigkeit
2.4. Dialekt und Brauchtum

3. Dorfstruktur vor dem Ersten Weltkrieg
3.1. Die Dorfverwaltung
3.2. Die Dorfwirtschaft
3.3. Glaubensleben

4. Kriegsjahre (1914–1921)
4.1. Der «Deutsche» Krieg
4.2. Revolutionen
4.3. Dorfverwaltung unter Semenov
4.4. Das Ende des Bürgerkriegs
4.5. Aufbau sowjetischer Strukturen in der «Fernöstlichen Republik»
4.6. Fazit: Das Dorf 1914–1923

5. Bol’šoj Kunalej während der Neuen Ökonomischen Politik (1923–1928)
5.1. Die Dorfpartei
5.2. Dorfverwaltung
5.3. Religion und «Aufklärung»
5.4. Wirtschaft
5.5. Fazit der 1920er Jahre: Das Ende der Neuen Ökonomischen Politik

6. Die «grosse Wende» 1929/30
6.1. Getreidebeschaffung
6.2. Stufenweiser Übergang zur «sozialistischen Landwirtschaft»
6.3. Der Kampf gegen die Religion

7. Schlussfolgerungen und Ausblick

8. Anhang
8.1. Anzahl Bewohner und Höfe in Bol’šoj Kunalej
8.2. Glossar

Pressestimmen
«Die Darstellung dieses Mikrokosmos ist überzeugend, spannend geschrieben, geradezu faszinierend.» Gerd Stricker, Osteuropa

«[Es] zeichnet sich die hier vorliegende Studie durch einige Besonderheiten aus, die sie zu einer interessanten Lektüre machen. […] Der Verfasserin ist eine eindrucksvolle Studie gelungen, für deren Bearbeitung sie nicht nur auf reichhaltige Archivmaterialien aus Burjatien und Moskau zurückgegriffen und die Literatur rezipiert, sondern auch Interviews mit alten Dorfbewohnern […] geführt hat. Die Darstellung ist flüssig lesbar und immer gut dokumentiert; die Gliederung auch der einzelnen Kapitel überzeugt, weil sie trotz der grundsätzlich chronologischen Vorgehensweise stets sachliche und systematische Aspekte hervorhebt und sich somit nicht auf eine Aufreihung von Geschehnissen und Entwicklungen beschränkt. […] Es ist zu wünschen, dass zu diesen Themen weitere Studien entstehen, und es wäre schön, wenn sie von ebensolcher Qualität wären wie die vorliegende.» Thomas Bremer, Jahrbücher für Geschichte Osteuropas