Überall in Europa nahmen ab den 1880er-Jahren kommunale und private Elektrizitätswerke den Betrieb auf. Sie sorgten für die Beleuchtung öffentlicher Strassen und repräsentativer Bauten, verkauften die elektrische Energie insbesondere aber auch an Privatpersonen. Die Elektrifizierung des Haushalts, die damit einsetzte, brachte nebst Annehmlichkeiten verschiedene technische, ökonomische und soziale Probleme mit sich. Sie kreisten um die Frage, wie der Verkauf von Strom geregelt werden kann.
Der Stromzähler löste diese Probleme und sorgte für Stabilität: Er übersetzte den Verbrauch von Elektrizität in Kilowattstunden, machte elektrische Energie fassbar, zählbar und kontrollierbar und schuf Vertrauen gegenüber der neuen Technik. Mit dem Anstieg des Stromkonsums nach 1900 wurden Einheitlichkeit und Vergleichbarkeit von Strompreisen zum wichtigen Faktor der Stromversorgung. Landis & Gyr, eine elektrotechnische Fabrik aus Zug, spezialisierte sich auf die industrielle Fertigung normierter Zähler für den Ausbau der Stromversorgung. Die Firma belieferte Elektrizitätswerke in der Schweiz und exportierte Millionen von Apparaten in die ganze Welt. Damit verkaufte Landis & Gyr nicht bloss ein technisches Bauteil für den Aufbau neuer Versorgungsnetze, sondern exportierte auch eine spezifische Messmethode, die bestimmte Verhaltensweisen der Kundinnen und Kunden, Kontrollroutinen und Genauigkeitsvorstellungen mit sich brachte. Der Zähler wurde damit zur wichtigen Schnittstelle zwischen Kraftwerk und Haushalt und trug wesentlich zur Alltäglichkeit von Elektrizität bei.
Die in dieser Reihe erscheinenden Studien untersuchen technische und wissenschaftliche Entwicklungen in der Neuzeit. Sie fragen nach dem historischen Entstehungskontext und gehen der Frage nach, inwiefern verschiedene soziale Gruppen diese technischen Entwicklungen als Möglichkeit sozialen Wandels wahrgenommen, ausgehandelt und bisweilen genutzt oder vergessen haben. Der Ansatz erlaubt es, Innovationen als technisch und gesellschaftlich voraussetzungsreiche Prozesse zu verstehen und zu erklären.
«Jonas Schädler gelingt es, in einer reflektierten Mischung von Artefaktgeschichte, Unternehmensgeschichte und Konsumgeschichte die Bedeutung des Stromzählers ins Licht zu rücken und daran die Prozesse sozialen Wandels, der Gewöhnung an technische Infrastrukturen und deren sich verändernde Bedeutung überzeugend nachzuzeichnen und sprachlich gekonnt zu präsentieren.»
«Schädler ist eine hervorragend geschriebene und tiefgehende Studie zu einem auf den ersten Blick unscheinbaren Artefakt moderner Energieinfrastruktur gelungen. Die soziotechnischen und marktwirtschaftlichen Anfänge des Stromzählers verraten einiges über das sich seit dem ausgehenden 19. Jahrhundert in der Schweiz entwickelte Verhältnis zur Elektrizität, deren öffentliche Verbreitung und privater Konsum. Darüber hinaus zeigt das Buch, wie zentral die Analyse einzelner Schnittstellen in grosstechnischen Versorgungsnetzen für das historische Verständnis von Infrastrukturen im Generellen ist.»
«Unter diesen Auspizien ist es auch nicht verwunderlich, dass sich das Buch über weite Strecken als Firmengeschichte liest. Nirgendwo sonst ist dem Stromzähler in der Vergangenheit ähnliche Aufmerksamkeit geschenkt worden, und so kann davon ausgegangen werden, dass auch nirgendwo sonst ein so gut sortiertes Firmenarchiv zu finden ist wie bei Landis & Gyr.»
«Mit der kürzlich an der Universität Züirch abgeschlossenen und nun in Buchform veröffentlichten Dissertation von Jonas Schädler liegt nun eine technik- und unternehmensgeschichtliche Studie vor, die aufzeigt, welches Potenzial in der Untersuchung des Zählers liegt.»
«[Schädlers] Studie ist darum wegweisend, weil sie Technik- und Mentalitätsgeschichte zusammenführt und weil sie dafür mit dem Stromzähler die ideale Schnittstelle ‹erwischt›.»
«Der Stromzähler, das schwarze Kästchen im Keller, gehört zu den bescheidenen Objekten, denen wir keine Aufmerksamkeit schenken. Der Historiker Jonas Schädler geht der Geschichte des Stromzählers und seiner Funktion nach und zeigt die erstaunlich vielfältigen Implikationen dieses Geräts für das gesellschaftliche Leben.»
«Dass eine Geschichte des Stromzählers überfällig war, hat Jonas Schädler mit dieser Untersuchung überzeugend gezeigt. Konzentrierte sich die Forschung bislang auf eine Geschichtsschreibung der Elektrifizierung als strukturelles Phänomen oder den Konsum von Strom, gelingt Schädler darüber hinaus eine objektbezogene Analyse der (Haushalts-)Elektrifizierung, die die Perspektiven der verschiedenen Akteur:innen gekonnt verknüpft. Dass dies auf nur gut 200 Seiten gelingt, ist auch auf den verhältnismäßig sparsamen Raum, den methodisch-theoretische Erläuterungen einnehmen, zurückzuführen. Umso überzeugender liest sich diese pointierte wie facettenreiche Studie, die nicht wenige Anknüpfungspunkte für tiefergehende technik-, sozial- und unternehmenshistorische Untersuchungen zur Elektrizität bietet.»
«[…] Für Leser mit stärker technischem Berufshintergrund lohnt sich die Lektüre des Buches vor allem wegen dessen ungewohnter Perspektive der Zählerverwendung als Kultur-Phänomen. Sie schärft den Blick für die in der Technik zu oft in den Hintergrund tretende Einsicht: An Ende geht es immer um die Menschen.»
«Ein Buch über die Geschichte des Stromzählers klingt seltsam. Aber dahinter versteckt sich ein spannendes Stück Wirtschafts- und Technikgeschichte. Denn das viereckige Ding steht auch für iene Zeit, in der die Elektrifizierung die Haushalte erreichte und veränderte.»
«Ein Buch über Stromzähler ist offensichtlich etwas für Spezialisten im Bereich Elektrotechnik. Doch dieses Werk von Jonas Schädler taucht tief ein in die Industriegeschichte der Stadt Zug, die untrennbar mit dem Aufstieg der Landis & Gyr verbunden ist und erreicht so auch Interessenten an der Geschichte Zugs. […] Ein trotz technischer Details spannend zu lesendes Sachbuch.»
«Das Buch liefert aus mehreren Perspektiven wertvolle und unterhaltsame Einblicke in die Zeit, als die Elektrizität «wägbar» gemacht und eine Schweizer Firma damit gross wurde, wobei die menschlichen Seiten der prägenden Gestalten nicht ausgeblendet werden. Eine gelungene Sache.»
«[…] Schädler präsentiert das technische Thema anschaulich, da der breit gewählte Untersuchungsansatz spannende wirtschaftliche und soziale Phänomene im Zusammenhang mit dem Stromzähler berücksichtigt. Aus diesem Grund ist das Buch nicht nur Technikinteressierten zu empfehlen.»