Non-lieux de mémoire – Erinnern und Vergessen
Traverse. Zeitschrift für Geschichte – Revue d’histoire (ISSN 1420-4355), Band 1999/1
Broschur
1999. 199 Seiten
ISBN 978-3-905315-16-5
CHF 25.00 / EUR 17.40 
Vergriffen / Restexemplare beim Verlag (Versand nur innerhalb der Schweiz)
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Schwerpunkt / Dossier Thematique
Non-lieux de mémoire. Einleitung
Non-lieux de mémoire. Introduction
Thomas David, Luc van Dongen, Marietta Meier

Die Krise der Gedächtnisorte und die Havarie der Erinnerungspolitik. Zur Diskussion um das kollektive Gedächtnis und die Rollle der Schweiz während des Zweiten Weltkriegs
Jakob Tanner
Résumé

Fahnengeschichten. Erinnern in der spätmittelalterlichen Gemeinde
Regula Schmid
Résumé

Mémoire poétique et politiques d'oubli en Grèce antique
David Bouvier
Zusammenfassung

Tote im Bundesarchiv. Die vergessenen Gefallenen und Verwundeten des Bürgerkriegs von 1847 in der Schweiz
Daniel Osterwalder
Résumé

A propos de l'oubli des revues antifascistes romandes
Alain Clavien
Zusammenfassung

1798: un lieu de mémoire contradictoire. Les commémorations dans les cantons de Vaud et d'Argovie
Chantal Lafontant
Zusammenfassung

La mémoire occultée de la révolution genevoise de 1846. Réflexions critiques
Charles Heimberg
Zusammenfassung

«Autobiographie d'une nation». Antifascisme et résistance dans la mémoire italienne
Stéfanie Prezioso
Zusammenfassung

Der internationale Frauentag. «Lieu de mémoire» und «non-lieu de mémoire» zugleich
Corinne Gürcan
Résumé

Alte Denkmäler als Denkmal. Der Budapester Statuenpark
Franz Horváth

Debatte / Debat
Kriegswirtschaft, Militär und Geschlecht. Der Reduitentscheid in geschlechtergeschichtlicher Perspektive
Regula Stämpfli

Dokument / Document
Coca-Cola kontra Süssmost. Ein Fallbeispiel amerikanischen Einflusses auf die schweizerische Innenpolitik
Eric Flury-Dasen

Besprechungen / Comptes rendus
Literatur zum Thema / Comptes rendus thématiques
Allgemeine Besprechungen / Comptes rendus généraux

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est Professeur d’histoire à l’Institut d’histoire économique et sociale de l’Université de Lausanne. Ses sujets de recherche portent sur l’histoire des élites économiques au XXe siècle et sur l’histoire globale.


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Zusammenfassung

Non-lieux de memoire

Thomas David, Luc van Dongen und Marietta Meier
(Übersetzung: Thomas Hildbrand)

Auf der kleinen Insel Altstatt nahe Meggenhorn (LU) wurde am 23. Oktober 1783 ein Säulendenkmal errichtet, das an die «Gründer der helvetischen Freiheit» erinnern sollte. Idee und Gestaltung stammten vom Historiker, Schriftsteller und gewesenen Abt G. T. F. de Raynal (1713­1796), der wegen seinen demokratischen Ideen aus Frankreich verbannt wurde.(1) Das Monument erreichte eine gewisse Bekanntheit, weil Baron Beat F. A. von Zurlauben 1785 in den Tableaux de la Suisse einen Kupferstich (F. D. Née) davon veröffentlichte und der Basler Verleger Ch. von Mechel das Denkmal 1786 mit romantischem Hintergrund darstellte (vgl. das Titelbild auf dem Umschlag). Auch Goethe wollte die Stätte besuchen. Sein Plan scheiterte jedoch, weil der Blitz 1796 den metallischen, von einem Pfeil durchbohrten Apfel getroffen und das Monument zerstört hatte. Die Überreste des Denkmals wurden zerlegt und teilweise für andere Kunstwerke wiederverwendet. Der Platz selber gewann sein früheres Aussehen zurück, und was ein Ort der Erinnerung hätte werden sollen, wurde im buchstäblichen Sinn zum non-lieu de mémoire.(2) ­ Existieren über dieses einleuchtende und vergleichsweise einfache Beispiel hinaus noch weitere Typen solcher non-lieux de mémoire? Diese Frage steht im Zentrum der vorliegenden Nummer von traverse.
Erinnerung und Gedächtnis sind ein aktuelles Thema der Historiographie. Das war nicht immer so. Die Geschichtswissenschaft interessiert sich erst seit kurzem für diese spannende und schwer zu fassende Realität ­ einige Zeit später als die Literatur (Proust, Joyce u. a.), die Philosophie (Bergson, Nietzsche u. a.), die Psychologie (Freud u. a.) oder auch die Soziologie (Halbwachs u. a.). Ohne Zweifel geriet das Thema wegen den Entwicklungen der letzten zwei Jahrzehnte stärker ins Blickfeld: die Enttäuschung der 80er und 90er Jahre, die Faszination des kulturellen Erbes, die modischen Retrobewegungen oder auch Identitätskrisen können als Erklärungen angeführt werden. Zudem stellt der Umgang mit dem Zweiten Weltkrieg die moderne Gesellschaft vor schwierige und drängende Probleme (Beurteilung und Verantwortung gegenüber der Vergangenheit, Tod der letzten Überlebenden, Bedeutung der Geschichtswissenschaft für die Erinnerungsarbeit usw.). Zahllos sind die Studien über die Erinnerung an ein Ereignis, über die Erinnerung von sozialen Gruppen, einer Partei oder gar einer Nation. Das Thema der nationalen Erinnerung hatte dank des Konzeptes der lieux de mémoire grossen Erfolg. Dieses Konzept, das der französische Historiker Pierre Nora entwickelt hat, beschränkt sich nicht auf materielle oder physische Repräsentationen, sondern umfasst auch den Diskurs, die mentalen Vorstellungen usw. Mit ihrem nationalen, ja nationalistischen Ausgangspunkt haben die französischen lieux de mémoire auch in anderen Ländern vergleichbare Studien angeregt. Ähnliche Projekte oder auch Überlegungen, die vom französischen Modell ausgingen, entstanden unter anderem in Deutschland, Italien, Grossbritannien und in der Schweiz.(3) Dennoch ist das Thema Geschichte und Gedächtnis noch lange nicht ausgeschöpft, und auch der Ausgangspunkt von Nora scheint uns seine Grenzen zu haben.
Abgesehen von der erwähnten nationalen Ausrichtung zeichnet sich das Konzept der lieux de mémoire erstens durch einen starken Gegenwartsbezug aus, weil es nur die heutigen Orte des Erinnerns betrachtet. Gerade bei der Kategorisierung der Erinnerungsorte selber wird die Geschichtlichkeit ausgeblendet: Ein Ort des Gedächtnisses, der in der Vergangenheit bedeutsam war, der heute aber ­ wie beispielsweise das Monument von Altstatt ­ ohne nachweisbare Spuren zu hinterlassen verschwunden ist, fällt ausser Betracht. Zweitens, und diese Einschränkung ist grundlegender, symbolisieren die lieux de mémoire die offizielle, die dominierende Erinnerung, oder anders gesagt, jene, die den «Sieg» davongetragen hat. In den Worten von Gérard Noiriel: «La question des modes d'imposition de la mémoire collective propre à l'élite aux autres groupes de la société n'est pas abordée par Pierre Nora. Cela s'explique par le fait que son approche s'appuie sur la définition de la nation qu'a élaborée Michelet. La France est considérée comme une Ðpersonneð; les multiples Ðjeð qui définissent les individus dans leur infinie diversité sont d'emblée fondus dans le Ðnousð national.»(4)
Für die Geschichtswissenschaft darf sich Erinnerung nicht auf die Orte des Gedächtnisses einschränken. Erinnern und Vergessen sind untrennbar; sie sind Bestandteil der verschiedenen sozialen und kulturellen Prozesse, die oft miteinander in Konflikt stehen. Daher hat die stetige Rekonstruktion der Erin-nerung einen stark politischen Charakter. Traverse wollte den Umgang mit der Vergangenheit thematisieren und dabei den Schwerpunkt auf die «Blindgänger», die «toten Winkel» und die Widersprüche von Erinnerung legen ­ ohne das Vergessen zu vergessen, dessen Wirkungskraft ebenfalls untersucht werden sollte. Zur Bezeichnung dieses Zugangs haben wir den Begriff der non-lieux de mémoire gewählt, der sich kaum ins Deutsche übertragen lässt.(5) Am Schluss eines Kolloquiums in kleinem Rahmen, das am 20. Juni 1998 in Bern stattgefunden hat und an dem die Mehrzahl der Autorinnen und Autoren dieser Nummer sowie Andreas Suter teilgenommen haben, haben wir drei sich teilweise überlagernde Typen definiert. Erstens jene Form von non-lieu de mémoire, wo ein Ereignis für einige zum Ort der Erinnerung wird, für andere hingegen nicht. Zweitens der lieu de mémoire interrompu, der ausgesetzte, der gewesene Ort der Erinnerung, dessen Bedeutung als Gedächtnisort nur vorübergehender Natur war. Drittens der contre-lieu de mémoire, wo ein weitgehend unbekanntes Ereignis oder eine schlecht bekannte historische Tatsache von einer sozialen Gruppe, beispielsweise einer kulturellen oder ethnischen Minderheit, zum lieu de mémoire erhoben wird. Diese fragmentarischen Definitionen sind als Hilfskonstruktionen zu verstehen, als Versuch, einen Rahmen für interessante historische Untersuchungen abzustecken. In diesem Sinne vermag das vorliegende Heft denn auch unsere Erwartungen einzulösen: Es bietet kein kohärentes analytisches Konzept oder Modell, zeigt aber verschiedene Ansätze, die aufeinander Bezug nehmen.
Jakob Tanner fragt nach der Bedeutung der Erinnerung in unserer Gesellschaft und in der historischen Praxis. Seine Überlegungen illustriert er am Beispiel des Gotthards beziehungsweise des Reduits ­ ein wichtiger lieu de mémoire für die moderne Schweiz, der erst seit kurzem an Gewicht verloren hat.
Regula Schmid thematisiert die Rolle der eroberten feindlichen Banner und der Chroniken in der mittelalterlichen Gesellschaft. Ausgehend von einem Postulat von Pierre Nora überprüft sie die Verbindungen zwischen oraler Tradition (Gedächtnis, Erinnerung), schriftlicher Wiedergabe (Geschichte) und Vergessen.
Auch drei weitere Autoren behandeln das Vergessen. David Bouvier untersucht die Amnestie ­ die Nichterinnerung im buchstäblichen Sinne ­ in der griechischen Antike. Paradoxerweise, so postuliert er, ist die politische Amnestie eher als Akt des Erinnerungsprozesses denn als vergessendes Verzeihen zu verstehen. Für seine Argumentation nimmt er Bezug auf die alten poetischen Traditionen der Antike. Daniel Osterwalder greift eine Seite des Bürgerkrieges von 1847 in der Schweiz auf, die kaum bekannt ist. Auf der Grundlage der im Bundesarchiv aufbewahrten Verzeichnisse über die Getöteten und Verletzten überprüft er die Höhe der gemeinhin bekannten Zahlenangaben. Aus dieser Perspektive erscheinen die Entschädigungen, die verletzte Soldaten und die Angehörigen der Gefallenen erhielten, gewissermassen als bürokratischer Kult der Erinnerung, der das Gedächtnis an den Bürgerkrieg beachtlich behinderte. Alain Clavien schliesslich befasst sich mit den Gründen, weshalb die antifaschistischen Zeitschriften der Romandie nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges in Vergessenheit gerieten. Neben der dominanten offiziellen Erinnerung an den Krieg und der Tatsache, dass die Geschichte der Arbeiterbewegung dieses Thema bisher sehr diskret behandelt hat, sind namentlich die blinden Flecken der Literaturkritik hervorzuheben.
Zwei Untersuchungen befassen sich mit revolutionären Phasen der National- und Lokalgeschichte. Sie zeigen, dass die helvetischen Eliten versucht haben, den Schleier des Vergessens um jene Ereignisse zu legen, die Brüche in der Gesellschaft und in den Erinnerungen der einzelnen Kantone hätten offenlegen können. Chantal Lafontant geht den politischen Gedenkfeiern in zwei Kantonen nach, die sich ganz unterschiedlich an die Helvetische Republik erinnern. Der Kanton Waadt hat auch im vergangenen Jahr das Ende der bernischen Herrschaft (1798) gefeiert und dabei nach wie vor verschwiegen, dass die Waadt erst 1803 durch die Mediationsakte Napoleons ein eigenständiger Kanton wurde. Der Kanton Aargau dagegen hat 1998 beschlossen, den Beginn des neuen (helvetischen) Regimes zu würdigen, das während zwei Jahrhunderten fast vollkommen ignoriert wurde. Charles Heimberg spricht das Schweigen an, dem die radikale Revolution von 1846 in Genf unterworfen war, und zwar sowohl seitens der Radikalen, die nach und nach zur neuen Elite wurden, als auch seitens der Sozialisten, die zunehmend auch von der bürgerlichen Kultur geprägt wurden.
In ihrem Beitrag über das Vermächtnis des Antifaschismus und des Widerstandes der Nachkriegszeit skizziert Stéfanie Prezioso die paradoxe Situation in Italien. Diese zeichnet sich dadurch aus, dass die öffentliche Debatte zwar häufig von Themen aus der Zeit des Faschismus und des Zweiten Weltkriegs geprägt ist, es aber weder der Seite des Widerstands noch jener des Antifaschismus gelungen ist, eigentliche lieux de mémoire zu schaffen.
Corinne Gürcan untersucht den internationalen Frauentag, der seit 1911 in zahlreichen Ländern Europas und in den Vereinigten Staaten Amerikas jährlich gefeiert wird und einen der wenigen lieux de mémoire der Frauengeschichte darstellt. Gleichzeitig ist er aber auch ein non-lieu de mémoire, weil die Geschichte seines Ursprungs einseitig wiedergegeben worden ist.
Mit seiner Photoserie zeigt Franz Horváth an einem Beispiel, wie man in einem Land des ehemaligen Ostblocks mit der Vergangenheit umgeht. Anstatt die alten Symbole der kommunistischen Ära ­ speziell jene lieux de mémoire, die an die glorreiche Befreiung vom Faschismus erinnern ­ verschwinden zu lassen und dem Vergessen anheim zu geben, hat die Stadt Budapest beschlossen, diese zu sammeln und an einem neuen Ort zu einem grossen Park der Statuen zu Ehren der Demokratie zusammenzuführen: ein museales Grab der Vergangenheit oder ein nostalgischer lieu de mémoire?
Alle hier versammelten Beiträge nehmen auf den einen oder anderen oben beschriebenen Typ der non-lieux de mémoire Bezug. Sie positionieren ihre Fragestellung auf einer breiten Skala von Varianten zwischen Erinnerung und Vergessen, sie thematisieren die Politik des Erinnerns, der Amnestie, die Prozesse des Vergessens, Schweigens, Verhüllens, Verengens oder die Verformung und Umformung der Vergangenheit. Nach weiteren Gemeinsamkeiten zu suchen, wäre angesichts der Vielfalt der Themen, Perioden und methodischen Ansätze etwas künstlich und gezwungen. Es bleibt zu hoffen, dass die skizzierten Zugänge ­ so wie die Fragmente beim Beispiel des Monumentes von Altstatt ­ für weitere Studien zum Gedächtnis fruchtbar gemacht werden können.

Anmerkungen

(1) Zuerst hatte de Raynal das Rütli als Standort im Auge, doch fanden die politischen Führer von Uri daran keinen Gefallen. Dieser Ort, gab man ihm zur Antwort, sei für sich allein ein Denkmal, und ein Monument zu Ehren der Freiheit passe, solange man sich frei fühle, nicht hierher.
(2) Vgl. Dario Gamobini et Georg Germann (eds.), Emblêmes de la liberté. L'image de la république dans l'art du XVIe au XXe siècle, Cataloque de l'exposition du Musée d'histoire de Berne et Musée des beaux-arts de Berne (1er juin au 15 septembre 1991), Berne 1991. Wir danken Pierre Chessex für den Hinweis auf diese Geschichte.
(3) Für bibliographische Hinweise vgl. die zahlreichen Literaturangaben in den einzelnen Artikeln und in den Buchbesprechungen zum Thema.
(4) Gérard Noiriel, Qu'est-ce que l'histoire contemporaine?, Paris 1998, 202.
(5) Wortschöpfungen wie «Un-Orte» oder «Nicht-Orte» der Erinnerung decken immer nur einen Teil der im französischen Begriff enthaltenen Bedeutungen ab. «Utopie» weist noch einmal in eine andere Richtung. Die Formulierung «abwesende Orte der Erinnerung» umschreibt das Gemeinte zwar relativ gut, trifft aber die von uns vorgenommenen Typisierungen nur zum Teil. Wir ziehen es daher vor, auch im Deutschen non-lieux de mémoire zu verwenden.


Résumé

Non-lieu de memoire

Thomas David, Luc van Dongen und Marietta Meier

Le 23 octobre 1783 était érigé sur la petite île d'Altstatt près du Meggenhorn (LU) un momument commémoratif en forme d'obélisque rendant hommage «aux fondateurs de la liberté helvétique». Son concepteur était l'historien, écrivain et ancien abbé G. T. F. de Raynal (1713­1796), proscrit en France pour ses idées démocratiques.(1) Le monument acquit une certaine renommée puisqu'il fit l'objet d'une gravure de F. D. Née, publiée par le baron de Zurlauben dans ses Tableaux de la Suisse en 1785, et que l'éditeur bâlois Ch. von Mechel représenta l'objet en 1786 dans un décor romantique (cf. l'illustration en couverture). Goethe chercha même à voir le site mais en vain car, malice du temps, la pomme métallique surmontée d'une flèche capta l'éclair un jour d'orage et l'¦uvre fut foudroyée en 1796Š On démembra le monument et certaines parties furent réutilisées sur d'autres ¦uvres d'art. Quant au site, il reprit son aspect d'avant 1783. Ainsi, ce qui devait devenir un lieu de mémoire devint littéralement un non-lieu de mémoire.(2) Par delà cet exemple piquant mais relativement anodin, on peut se demander s'il existe d'autres types de non-lieux de mémoire? Cette question est au c¦ur du présent numéro de traverse.
La mémoire est aujourd'hui une thématique en vogue dans le paysage historiographique, mais ce ne fut pas toujours le cas. Les historiens n'ont en effet commencé à s'intéresser que récemment à cette réalité mouvante et difficile à saisir, bien après les écrivains (Proust, JoyceŠ), les philosophes (Bergson, NietzscheŠ), les psychologues (FreudŠ) et les sociologues (HalbwachsŠ). Sans doute les deux dernières décennies les ont-ils incité à se pencher sur ce thème: désenchantement des années '80 et '90, engouement pour le «patrimoine», mode rétro, crises identitairesŠ, autant de facteurs qui expliquent cette nouvelle tendance, auxquels il convient d'ajouter les résurgences de la Seconde Guerre mondiale qui posent des problèmes difficiles et pressants aux sociétés actuelles (jugement et responsabilité face au passé, disparition des derniers survivants, place de l'historien dans le travail de la mémoire, etc.). On a vu ainsi fleurir nombre d'études sur la mémoire d'un événement, la mémoire au sein d'un groupe social, d'un parti ou d'une nation. C'est cette dernière voie qui a connu le plus grand succès grâce au concept de lieu de mémoire ­ qui, rappelons-le, ne se borne pas aux expressions matérielles et physiques, mais englobe également le discours, les représentations mentales, etc. ­ développé par l'historien français Pierre Nora. Bien que procédant d'une démarche très nationale (voire nationaliste), les Lieux de mémoire français ont fait tache d'huile dans plusieurs pays. Des entreprises similaires, ou des réflexions à partir du modèle hexagonal, ont vu le jour en Allemagne, en Italie, en Grande-Bretagne, en Suisse, etc.(3) Mais le thème histoire et mémoire n'est de loin pas encore épuisé et la démarche de Nora nous semble aussi présenter des limites.
Outre leur aspect «cocardier», les Lieux de mémoire témoignent d'une approche présentiste, réduisant les lieux de mémoire aux seuls reconnus aujourd'hui. Ils évacuent l'historicité même de la catégorie des lieux de mémoire: si un lieu de mémoire a existé par le passé mais a disparu sans laisser de traces décelables aujourd'hui ­ comme c'est le cas par exemple du monument d'Altstatt ­, il n'a aucune chance de figurer dans le recueil. Une seconde réserve, plus fondamentale, peut être formulée. Les Lieux de mémoire sont les symboles de la mémoire officielle ou dominante, autrement dit celle qui a «vaincu». Comme l'écrit Gérard Noiriel, «la question des modes d'imposition de la mémoire collective propre à l'élite aux autres groupes de la société n'est pas abordée par Pierre Nora. Cela s'explique par le fait que son approche s'appuie sur la définition de la nation qu'a élaborée Michelet. La France est considérée comme une Ðpersonneð; les multiples Ðjeð qui définissent les individus dans leur infinie diversité sont d'emblée fondus dans le Ðnousð national.»(4)
La mémoire, pour l'historien, ne doit pas se réduire au lieu de mémoire. Mémoire et oubli sont indissociables; ils sont partie intégrante de processus sociaux et culturels souvent conflictuels. Ainsi, les reconstructions successives de la mémoire ont un caractère fortement politique. Traverse a voulu ouvrir une réflexion sur les usages sociaux du passé en mettant l'accent sur les «ratés», les «angles morts» et les contradictions de la mémoire. Sans oublier l'oubliŠ dont il faut aussi chercher à comprendre l'économie. Pour caractériser l'ensemble de ces phénomènes, nous avons imaginé l'expression de non-lieu de mémoire. Au terme d'un petit colloque organisé à Berne le 20 juin 1998 en présence de la plupart des auteurs de ce numéro et d'Andreas Suter, nous en avons retenu trois types possibles, qui peuvent parfois se chevaucher. Premièrement, le non-lieu de mémoire en creux: quand un même événement devient lieu de mémoire pour certains et non-lieu de mémoire pour d'autres (nation, classe sociale, sexe, etc.). Deuxièmement, le lieu de mémoire interrompu: quand un lieu de mémoire a connu une durée de vie éphémère. Troisièmement, le contre-lieu de mémoire: quand un événement ou une réalité historique méconnue est revendiquée comme lieu de mémoire par un groupe social, une minorité culturelle ou ethnique, etc. Très rudimentaires, ces définitions sont à prendre pour ce qu'elles sont: une tentative de délimiter un cadre de nature à susciter des études historiques intéressantesŠ Ce numéro est à l'image de nos prévisions: impossible à fondre dans un moule analytique cohérent, mais riche en voix qui se répondent.
Jakob Tanner nous offre une réflexion générale sur les enjeux que représente la mémoire dans nos sociétés et dans la pratique de l'histoire, avant de montrer comment l'un des haut lieux de mémoire de la Suisse contemporaine ­ le Gothard ou le réduit national ­ est devenu caduc depuis peu.
Regula Schmid s'interroge sur le rôle joué par les bannières prises à l'ennemi et les chroniques au Moyen Age. Contestant l'un des postulats de Pierre Nora, elle est amenée à reconsidérer les liens entre tradition orale (mémoire), récit écrit (histoire) et oubli.
L'oubli est également traité par trois autres auteurs. David Bouvier, d'abord, qui se livre à une réflexion sur l'amnistie ­ littéralement la non-mémoire ­ en Grèce antique. Paradoxalement, l'amnistie serait à appréhender davantage comme un acte de mémoire que comme un pardon oublieux, et elle remonte peut-être à une ancienne tradition poétique. Daniel Osterwalder, ensuite, qui dévoile une page méconnue de la guerre civile de 1847 en Suisse. En se fondant sur les registres des morts et des blessés conservés aux Archives fédérales, l'auteur révise à la hausse les chiffres traditionnellement admis et fait apparaître l'indemnisation, dont certaines catégories de soldats ont pu bénéficier, comme une sorte de culte bureaucratique du souvenir ayant passablement inhibé la mémoire de la guerre civile. Alain Clavien, enfin, dont la brève note s'attache à rechercher les causes de l'oubli dans lequel sont tombées les revues antifascistes romandes après la fin de la Seconde Guerre mondiale. Outre les pesanteurs de la mémoire officielle de la guerre et la discrétion des historiens du mouvement ouvrier sur ce sujet, on trouve notamment les travers de la critique littéraire comme explications.
Deux périodes révolutionnaires d'histoire nationale et locale font l'objet de deux autres analyses. On y voit le conservatisme des élites helvétiques qui ont toujours cherché à recouvrir par le voile du silence les événements mettant à nu les divisions au sein de la société et des mémoires cantonales spécifiques. Ainsi, Chantal Lafontant se penche sur la mémoire de la République helvétique et les politiques commémoratives divergentes de deux cantons: tandis que les Vaudois fêtent traditionnellement la fin de la libération bernoise tout en continuant d'occulter le régime qui suit, les Argoviens ont décidé cette année de réhabiliter l'avènement du nouveau régime après l'avoir presque ignoré pendant deux siècles. Charles Heimberg, pour sa part, relève l'occultation dont a été victime la révolution radicale de 1846 à Genève, tant chez les radicaux devenus progressivement des notables, que chez les socialistes imprégnés par la culture bourgeoise.
Dans une contribution sur la postérité de l'antifascisme et de la Résistance dans l'Italie d'après-guerre, Stéfanie Prezioso met en relief le paradoxe italien, qui fait de ce pays un foyer où le débat public autour de la période fasciste et de la Seconde Guerre mondiale est souvent ardent, mais où le camp des résistants et des antifascistes n'est pas parvenu à créer de lieux de mémoire.
Quant à Corinne Gürcan, elle nous démontre que la Journée internationale des femmes, commémorée chaque année depuis 1911 dans un certain nombre de pays européens et aux Etats-Unis, si elle est un des rares lieux de mémoire de l'histoire des femmes, constitue également un non-lieu de mémoire dans la mesure où sa véritable origine a été déformée.
En marge de ce numéro, Franz Horváth donne à voir à travers une série de photos un exemple d'usage du passé dans un pays de l'ex-bloc soviétique. Plutôt que de faire disparaître et de vouer à l'oubli les anciens symboles de l'ère communiste ­ en particulier les lieux de mémoire à la gloire de l'antifascisme ­, la ville de Budapest a décidé de les rassembler dans un nouveau lieu pour en faire un «gigantesque parc de statues» en l'honneur de la démocratie: musée enterrant le passé ou lieu de mémoire susceptible d'entretenir sa nostalgie?
Les contributions rassemblées ici ont toutes cherché à se mesurer à l'un ou l'autre type de non-lieu de mémoire décrit plus haut. Elles situent leur problématique quelque part entre la mémoire et l'oubli dans un large éventail de variantes: politiques du souvenir, amnistie, achat de l'oubli, silence, occultation, myopie, déformation et reformulation du passé, etc. Pousser plus avant la recherche des dénominateurs communs serait quelque peu artificiel, tant les sujets, les périodes et les approches sont variés. Puissent donc ces quelques pistes, à l'instar des fragments du monument d'Altstatt, être mis à profit pour d'autres études sur la mémoire.

Notes

(1) De Raynal avait d'abord songé à la prairie du Rutli, mais les autorités d'Uri virent le projet d'un mauvais ¦il: ce lieu était un monument à lui seul et, aussi longtemps qu'on se sentirait libre, un monument en l'honneur de la liberté serait incongru, lui répondit-on.
(2) Cf. Dario Gamboni et Georg Germann (sous la dir. de), Emblêmes de la liberté. L'image de la république dans l'art du XVIe au XXe siècle, Catalogue de l'exposition du Musée d'histoire de Berne et Musée des beaux-arts de Berne (1er juin au 15 septembre 1991), Editions Staempfli & Cie, Berne 1991. Merci à Pierre Chessex de nous avoir signalé cet épisode.
(3) Pour les indications bibliographiques, le lecteur voudra bien se reporter aux nombreuses références contenues dans les articles ainsi qu'aux comptes rendus.
(4) Gérard Noiriel, Qu'est-ce que l'histoire contemporaine?, Paris 1998, 202.


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