Als Kaufmann in Pernambuco
Ein Reisebericht mit Bildern aus Brasilien von Hermann Kummler (1888–1891)
Gebunden
2001. 176 Seiten, 140 Abbildungen s/w.
ISBN 978-3-0340-0522-7
CHF 19.00 / EUR 11.80 
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Handelscommis Hermann Kummler, ein gebürtiger Aargauer, entführt uns mit seinem Reisebericht nach Recife Pernambuco und weiteren brasilianischen Orten zur Zeit der Sklavenbefreiung und der Ausrufung der Republik (1888-1891). Der Kaufmann aus Europa verdiente sich in den drei Jahren seines Aufenthalts in einem von Schweizern geführten Importhandelshaus die Sporen ab, bevor er - in die Schweiz zurückgekehrt - in Aarau zum Unternehmer wurde. Hermann Kummler nutzte seine Geschäftsreisen, aber auch die freie Zeit, um das Innere des Landes kennenzulernen. Mit seiner Fotoausrüstung begann er die Reise zu dokumentieren. Entstanden ist ein reich illustrierter tagebuchartiger Bericht über das Leben europäischer Kaufleute im «País tropical» am Ende des 19. Jahrhunderts. Szenen aus dem Geschäftsleben, Naturbeobachtungen, Begegnungen mit fremdartigen Tieren, Kontakte zu brasilianischen Kunden, Beobachtungen in den Städten des Landes und Begebenheiten aus der Kolonie europäischer Kaufleute in Brasilien wechseln einander ab. Der unterhaltsame Einblick in eine Kulturbegegnung zwischen Brasilien und Europa lebt durch das Zusammenspiel von Text und Fotografie.

Prof. Dr., ehem. Leitung Politische Bildung und Geschichtsdidaktik der PH FHNW am Zentrum für Demokratie Aarau ZDA.
Schwerpunkte: Migrations-, Geschlechtergeschichte, Eugenik und Sozialpolitik, Politische Bildung, Geschichtskultur.


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Textauszug
«Beim Abendessen lag auf meinem Stuhl ein lebendes Tier, ein Chamäleon, das die Kameraden am Tage zuvor in meiner Abwesenheit von einem Händler für wenig Geld gekauft hatten, um mir einen Willkommgruss zu bieten. Ich war sehr erfreut über dieses sinnige Geschenk und nahm das Tier in meine Obhut und Schutz, um es in meinem Zimmer und zwar im Innern des Himmelbettes zu plazierenŠ»

«Die deutsche und die schweizerische Kolonie in Pernambuko hatte schon seit Jahren einen Club «Concordia» gegründet, der für seine Mitglieder eine Bibliothek geschaffen hatte und eine Reihe von Tageszeitungen aus Brasilien, Deutschland, der Schweiz, Englands und Frankreich in seinem Lesezimmer auflegte. Ich war [Š] als Bibliothekar gewählt worden und hatte jeden Freitag von 6-8 Uhr abends im Lokal anwesend zu sein zur Ausgabe von Büchern und zur Ordnung der Zeitungen. Trotzdem die Bibliothek von den Mitgliedern nicht stark benützt wurde, sass man dann oft zusammen in gemüthlicher Aussprache. [Š] Wir hatten hie und da die Ehre Prinz

Besprechungen
Ein Schweizer in Pernambuco Hermann Kummlers Reisebericht Im März des Jahres 1888 traf der junge Aarauer Hermann Kummler in Pernambuco (Recife) ein, um eine Stelle als Commis bei der Schweizer Handelsfirma Cramer, Frey & Co. anzutreten. Drei Jahre lang hielt er sich in Brasilien auf und arbeitete im Importgeschäft mit, das Stoffe und Konfektionswaren aus Europa bezog und an Kundschaft in der Stadt und im Hinterland verkaufte. Während dieses Aufenthaltes sandte Kummler zahlreiche Briefe an seine Mutter und verfasste nach seiner Rückkehr, auf diese Korrespondenz gestützt, einen Bericht. Dieser liegt nun, kundig eingeführt, kommentiert und mit einer Kurzbiographie versehen, erstmals im Druck vor. Kummler ist ein nüchterner, genauer Beobachter und an der tropischen Flora und Fauna besonders interessiert. Sein Bericht befasst sich eingehend mit Nutzpflanzen wie Kaffee, Kakao und Baumwolle; auch die Verarbeitung von Zuckerrohr und Kautschuk oder das Verfahren der Brandrodung werden anschaulich geschildert. Das Interesse an der Fauna verbindet sich bei ihm mit einer für das 19. Jahrhundert typischen naturwissenschaftlichen Sammelwut; und wenn er über einen neugierigen Dilettantismus nicht hinauskommt, so liegt dies am Fehlen von Fachliteratur und am noch bescheidenen Forschungsstand. Geschäftsbeziehungen, aber auch wiederholte Fieberanfälle, die «Luftveränderungen» nötig machen, führen Kummler nach Rio, Petrópolis und Bahia, wo er überall auf gastfreundliche Landsleute trifft. Die Aufzeichnungen vermitteln einen guten, zuweilen auch humorvollen Einblick in das Leben der weissen Einwanderergesellschaft, die sich von der farbigen Bevölkerung deutlich abgrenzt und ein reges Eigenleben führt. Da es an kulturellen Anlässen fehlt, spielen kirchliche Feiertage eine grosse Rolle, und man nimmt jede sich bietende Gelegenheit wahr, ein Fest zu feiern, sei dies nun das Jubiläum der Schlacht von Näfels oder die Wahl eines neuen Bundesrates. Bemerkungen zur politischen Situation oder zu den gesellschaftlichen Verhältnissen finden sich im Bericht selten, obwohl sich der Schweizer zum historisch bedeutsamen Zeitpunkt der Abschaffung von Monarchie und Sklavenwirtschaft in Brasilien aufhält. Kummler ist kein «voyageur philosophe». Nur einmal dringt die Zivilisationskritik der Aufklärer bei ihm durch, wenn er schreibt: «Warum senden wir Europäer unsere Missionäre in die fremden wilden Länder, wenn die Menschen dort doch viel glücklicher sind als wir, die wir oft nur dem schnöden Mammon huldigen und Neid und Eifersucht zeigen gegen Bessergestellte. Wir täten besser, unsere Unzufriedenen in jene Länder zu senden, sie würden dann vielleicht bekehrt.» Dem Bericht Kummlers sind Photographien von hohem dokumentarischem und oft auch ästhetischem Wert beigegeben, die zum grossen Teil von ihm selbst stammen. Der Schweizer gehörte im damaligen Brasilien zu den Pionieren auf diesem Gebiet, und wenn er mit Fotoapparat und Stativ ausrückte, so umringten ihn die Schaulustigen. Seine ausgeprägte technische Begabung erlaubte es Hermann Kummler nach seiner Rückkehr, eine zweite Laufbahn zu beginnen: Er beteiligte sich an der Elektrifizierung der Stadt Aarau und brachte es in der Elektrotechnik und im Leitungsbau zu internationalem Ansehen. Urs Bitterli Béatrice Ziegler, Beat Kleiner (Hrsg.): Als Kaufmann in Pernambuco 1888-1891. Ein Reisebericht mit Bildern aus Brasilien von Hermann Kummler. Chronos-Verlag, Zürich 2001. 172 S., Fr. 58.-. Abgedruckt mit freundlicher Genehmigung der NZZ Neue Zürcher Zeitung FEUILLETON Dienstag, 28.05.2002 Nr.120 59